Um die Motivation zu fördern und Talente zu binden, sollten Unternehmen verschiedene Arbeitsmodelle ermöglichen.
Die Thematik der Work-Life-Balance hat für die Einzelperson je nach Lebensalter und Lebenssituation andere Schwerpunkte, auch in Abhängigkeit von der individuellen Antwort auf den Sinn des Lebens und der eigenen Auffassung von Glück. Ein großer Teil der Erwerbstätigen möchte Zeit mit den eigenen Kindern verbringen oder hat sich die Aufgabe gestellt, pflegebedürftige Angehörige zu betreuen.
Für andere Personen steht etwa der Ausgleich zum Beruf durch Freizeit und Sport im Vordergrund, der Einsatz im sozialen, kulturellen oder politischen Bereich oder die Möglichkeit für ein Sabbatical als längere berufliche Auszeit, die Gewährleistung von Phasen der Erholung, eine Altersteilzeit oder Zeit für die Pflege der Gesundheit.
Einige Personen halten im Hinblick auf eine größere zeitliche Freiheit für soziales und persönliches Engagement ihren Zeiteinsatz für die Erwerbsarbeit bewusst in Grenzen. Nach Art des Simple-Living-Lebensstils kann eine Einschränkung des persönlichen Konsums eine größere Unabhängigkeit von der Erwerbsarbeit ermöglichen.
Zwischen der Baby-Boomer-Generation, der Generation X und der Generation Y wurden deutliche Unterschiede in der Einstellung zur Work-Life-Balance beobachtet. Vereinfachend ausgedrückt handele es sich für Baby-Boomer um einen Balanceakt zwischen Beruf und Familie, für die Generation X seien abwechselnde Phasen von Erwerbstätigkeit und Phasen der Kindererziehung oder außerberuflicher Tätigkeiten typisch und Angehörige der Generation Y legten weniger Wert auf eine strikte Trennung von Erwerbstätigkeit und Privatleben und zielten vor allem darauf, die eigene Zeit sinnvoll und nützlich einzusetzen.
Ein Gleichgewicht zwischen den Lebensbereichen ist insofern ein dynamisches Gleichgewicht, als dass sich die persönlichen Lebensumstände und äußeren Bedingungen stets wandeln können, andererseits ist auch Nachhaltigkeit für ein Gleichgewicht im Sinne einer Work-Life-Balance erforderlich: So wird insbesondere nicht von einer gelungenen Balance gesprochen, wenn eine Person dem Burn-out nahe ist oder einem Bore-out, dem Gefühl krankmachender Langeweile.
Teils wird hervorgehoben, dass es bei Work-Life-Balance darum gehe, die Bedeutung der Arbeit in eine geeignete Perspektive zum Leben als Ganzes zu rücken.
Wechselwirkungen zwischen Lebensbereichen
In einer Sichtweise, die auch als Segmentationsmodell bezeichnet wird, werden die verschiedenen Lebensbereiche als getrennte und voneinander weitgehend unabhängige Teile angesehen. Andere Modelle betrachten die positiven und negativen Wechselwirkungen zwischen den Lebensbereichen. Wenn beispielsweise am Arbeitsplatz und im Privatleben unterschiedliche Rollenerwartungen vorliegen und verschiedene soziale Rollen eingenommen werden, kann ein Interrollenkonflikt entstehen oder Rollendistanz erforderlich sein. Andere Modelle stellen dar, dass Defizite in einem Bereich durch den anderen kompensiert werden können (Kompensationsmodell) oder Ressourcen von einem Lebensbereich abgezogen werden (Ressourcen-Abfluss-Modell). Wenn die Grenzen zwischen Erwerbstätigkeit und den weiteren Lebensbereichen verwischen, spricht man von Entgrenzung der Arbeit.
Work-Life-Balance-Maßnahmen
Für die Personalpolitik von Unternehmen und Organisationen kann eine Ausrichtung auf Work-Life-Balance und Diversity einen Wettbewerbsvorteil auf dem Arbeitsmarkt darstellen. So stellen die Ermöglichung einer Work-Life-Balance und die Positionierung als familienfreundliche Organisation Vorteile in Bezug auf Anwerbung und Motivation der Mitarbeiter dar und dienen zudem der Verringerung der Mitarbeiterfluktuation.
Während Arlie Russell Hochschild in ihrem Buch „Time bind“ feststellte, dass in den USA familienfreundliche Arbeitsorganisation kaum angenommen werde, stellte Elisabeth von Thadden in einem Artikel der Zeit 2001 fest, in Europa vollziehe sich „eine beachtliche Gegenbewegung zur kompletten Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt. Eine Gegenbewegung, die darauf zielt, den Einzelnen nicht nur als Funktionsträger im Betrieb, sondern als Person mit Verantwortung für eine Familie und die eigene seelische Gesundheit zu respektieren.“ Ein Angebot flexibler Arbeitsmodelle wie der „vollzeitnahen Teilzeit“ an alle Beschäftigten gleichermaßen, und nicht nur an Eltern kleiner Kinder, vermeide eine Neiddebatte im Unternehmen.
Marktkräfte
Angesichts dessen, dass das Leitbild eines lebenslangen Arbeitsplatzes nicht mehr dominiert, treten die Kräfte des Arbeitsmarktes deutlich in Erscheinung. Auf Arbeitgeberseite tragen sichtbare Bedingungen der Work-Life-Balance zur Attraktivität des Arbeitgebers bei, auf Arbeitnehmerseite besteht der Wunsch, die eigene Beschäftigungsfähigkeit (Employability) zu erhalten und zugleich die eigene Lebensplanung zu verwirklichen.
Ein Teil der Arbeitnehmer arbeitet länger als vertraglich festgelegt und verlangt nach besserer Work-Life-Balance; eine kleine, aber wachsende Minderheit von Arbeitnehmern sind sich ihres Einflusses als talentierte Individuen bewusst und wechseln zu einem Arbeitgeber bei dem Erwarten, ihren Wunsch nach einem erfüllten Leben außerhalb der Arbeitszeit realisieren zu können. Werden Mitarbeiter jedoch respektiert, auch in ihren Wünschen nach individueller Gestaltung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen, kann auf dieser Basis Loyalität und Motivation der Mitarbeiter entstehen.
Für Arbeitgeber besteht im Wettbewerb um Fachkräfte ein Anreiz, Unterschiede in der Lebenssituation und den Bedürfnissen der Beschäftigten aufzugreifen und eine weitere Spanne von Möglichkeiten für die Work-Life-Balance anzubieten. Das setzt voraus, nicht mehr von einem Schema des „normalen“ Beschäftigten auszugehen, welcher in Vollzeit arbeitet, bei entsprechendem Ehrgeiz jederzeit zu Überstunden bereit ist und sein Privatleben den Gegebenheiten des Berufs anpasst.
Durch Modelle der Arbeitsorganisation wie Telearbeit und Arbeitszeitflexibilisierung können Wünsche der Mitarbeiter nach größerer Orts- und Zeitsouveränität realisiert werden. Zugleich sind gegenläufige Interessen der Arbeitgeber nach flexiblen, auftrags- und serviceorientierten Einsätzen ihrer Mitarbeiter zu berücksichtigen. Entsprechende Absprachen werden in den Arbeitsverträgen und kollektiven Verträgen festgelegt.
Einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf dienen insbesondere betriebliche oder betriebsnah organisierte Angebote zur Kinderbetreuung, etwa Betriebskinderkrippen oder -kindergärten.
Es spielt dabei eine Unterstützung der Mitarbeiter sowohl bei der Kinderbetreuung (Child Care) als auch bei der Betreuung Pflegebedürftiger (Elder Care) eine Rolle. Teilweise bieten größere Organisationen Hilfe bei der Vermittlung von Angeboten der Work-Life-Dienstleistungsbranche, beispielsweise auf Basis eines Vertrags zwischen Arbeitgeber und Vermittlungsagentur bezüglich der Kostenübernahme der Vermittlungsgebühr. Arbeitsplatzsicherheit und Entgelt stellen ebenfalls bedeutende Faktoren der Work-Life-Balance dar, da die individuelle Lebensplanung und insbesondere die Familienplanung hiervon beeinflusst wird und zudem das subjektive Gefühl materieller Sicherheit einen Einfluss auf die Psyche nimmt. Entsprechende Kompromissmodelle werden im Konzept der Flexicurity aufgestellt.
Auch Initiativen zur Humanisierung der Arbeitswelt sollen einem besseren Gleichgewicht dienen, indem innerhalb der Arbeit mehr Raum für Persönlichkeitsentwicklung und Selbstverwirklichung geschaffen wird.
Rolle des Managements
Der Unternehmenskultur, vor allem aber auch dem Vorgesetzten, kommt bezüglich der Work-Life-Balance eine wesentliche Rolle zu. Teilzeitkräfte werden in manchen Organisationen bei Gehaltserhöhungen und Beförderungen unzureichend berücksichtigt, und Personen, die anderweitigen Verpflichtungen nachzukommen haben oder für die lange Arbeitszeiten eine Überforderung darstellen, wird eine verringerte Motivation unterstellt.
In einigen Unternehmen ermöglichen Manager zwar ihren Mitarbeitern eine Work-Life-Balance, arbeiten aber selbst zusätzliche Stunden, wenn erforderlich, und sind somit selbst am geringsten geschützt. Zugleich stellen Vorgesetzte Vorbilder dar, deren eigenes Verhalten einen wesentlichen Anstoß für einen Wandel der Unternehmenskultur darstellen kann. Wenn Vorgesetzte sich auf klare und eindeutige Weise für die eigene Work-Life-Balance und die der Mitarbeiter einsetzen, ist es für ihre Mitarbeiter leichter, selbst Flexibilisierungsangebote des Unternehmens zu nutzen, ohne dadurch Karrierenachteile zu befürchten. Vorgesetzten kommt zugleich eine wesentliche Rolle bei der Allokation von Ressourcen der Mitarbeiter zu. Wenn zusätzliche Aktivitäten oder Projekte die angezielte Arbeitsbelastung übersteigen, liegt es am Vorgesetzten, die betreffenden Tätigkeiten mit dieser Begründung abzulehnen. Wie leicht es dem Vorgesetzten fällt, dies angesichts Termindrucks zu tun und auf höherer oder Stakeholder-Ebene zu vermitteln, hängt mit den Kompetenzen der Führungskraft, aber auch mit der Unternehmenskultur als Ganzem zusammen.
Gesetzgebung (Deutschland)
Gesetzliche Regelungen in Deutschland sind unter anderem durch das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), das Arbeitsschutzgesetz, die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), die Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV), die Betriebssicherheitsverordnung, das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG), das Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG), das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) und das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) vorgeschrieben. //
Quelle: Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Work-Life-Balance