Schwarmintelligenz aus dem Internet

Aufträge flexibel im Netz vergeben und in der Freizeit Geld verdienen – Crowdworking bietet Chancen für Unternehmen und Crowdworker gleichermaßen.

 

In Deutschland arbeiten schätzungsweise über eine Million Crowdworker – Tendenz steigend. Diese Zahl hat die Universität Kassel 2016 in einer Studie ermittelt. Doch was ist Crowdworking überhaupt? In der digitalen Arbeitswelt gibt es zahlreiche Begriffe, die noch sehr jung sind. Im „Weißbuch Arbeiten 4.0“ der Deutschen Bundesregierung findet sich folgende Definition zu Crowdworking: „Beim Crowdwork lagern Unternehmen Aufgaben an eine Menge von Personen („Crowd“) aus. Das Mittel dazu ist ein Aufruf über das Internet, woraufhin registrierte Crowdworkerinnen und Crowdworker diese Aufgaben bearbeiten.“

 

Potenzial für Firmen und Crowdworker

Crowdwork ist also eine bezahlte Arbeitsform, die zahlreiche Chancen bietet – sowohl für Unternehmen als auch für Personen, die sich dafür entscheiden, auf diese Weise Geld zu verdienen. Viele Tätigkeiten gab es gar nicht, bevor Crowdworking entstanden ist. Dazu gehört beispielsweise das Testen einer App auf verschiedenen Smartphones mit unterschiedlichen Betriebssystemen und Browsern. Softwaretester aus der Crowd testen mit ihrem eigenen Endgerät, auf dem zahlreiche andere Apps laufen. So werden Fehler sichtbar, die in einer Laborsituation im Unternehmen, wenn eigene Mitarbeiter mit fabrikneuen Geräten testen, gar nicht auftauchen. Softwaretesting mit der echten Zielgruppe auf den eigenen Geräten ist also durch Crowdworker überhaupt erst möglich geworden.

Ein weiteres Beispiel: Crowdworker können am Point of Sale (POS) im Einzelhandel mit Fotos dokumentieren, ob eine Ware mit dem korrekten Preis ausgezeichnet und im Laden im richtigen Warensegment einsortiert ist. Dies wäre für Unternehmen nie flächendeckend zu leisten – beispielsweise in Supermärkten in ganz Deutschland.
Mit Crowdworking können sie auf entsprechende Plattformen zugreifen, die ihnen diese Informationen mithilfe vieler Personen vor Ort liefern können. Crowdworking bietet also zusätzliche, neue Möglichkeiten und ersetzt keine festen Mitarbeiter. Tätigkeiten, die vorher gar nicht in dieser Form erledigt werden konnten, können flexibel und ad hoc von Crowdworkern ausgeführt werden.

 

Digitaler Nebenerwerb bietet viel Flexibilität

Crowdworking bietet jedoch nicht nur viele Möglichkeiten für Firmen, sondern auch für die Crowdworker selbst: Wer sich entscheidet, auf diese Weise Geld zu verdienen, profitiert von großer Flexibilität. Da es sich meist um Tätigkeiten handelt, die einen Laptop, ein Smartphone und einen Internetzugang erfordern, können Crowdworker arbeiten, wann und wo sie möchten. Sie können sich ihre Arbeit frei einteilen, als Selbstständige eigenverantwortlich und selbstbestimmt arbeiten und die Anzahl der Aufträge, die sie annehmen, selbst festlegen. Viele Personen nutzen Crowdworking als Nebenerwerb. Die Hans-Böckler-Stiftung hat in einer Studie von 2016 ermittelt, dass die durchschnittliche Arbeitszeit eines Crowdworkers 14 Stunden pro Woche beträgt. Viele nutzen die Arbeitsform daher während einer Ausbildung, zusätzlich zu einer selbstständigen Tätigkeit oder einem Teilzeitarbeitsverhältnis.

 

Autor Philipp Benkler

Nicht zuletzt sind beim Crowdworking Menschen am Werk und müssen als solche gesehen und entsprechend behandelt werden.

Code of Conduct: Faire Standards für die Crowdworking-Branche

Die Herausforderung für Crowdworking-Anbieter und ihre Kunden war und ist es, diese neue Arbeitsform als faire Art der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Individuen zu etablieren. Die Plattformbetreiber müssen hinter der Ressource „Crowd“ die einzelnen Individuen und ihre wertvolle Leistung sehen.
Aus diesem Grund haben Testbirds und mittlerweile sieben weitere führende Crowdworking-Anbieter mit der IG Metall und dem Deutschen Crowdsourcing Verband den sogenannten Code of Conduct ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich um ein Regelwerk, dem sich alle Unterzeichner verpflichten, um verbindliche Standards für Crowdworker zu gewährleisten. Dazu zählen unter anderem faire Bezahlung, eine positive Feedback-Kultur und Datenschutz. Für die Bezahlung verpflichten sich die Anbieter beispielsweise zu einer Kalkulation, die Faktoren wie die Komplexität der Aufgabe, notwendige Qualifikationen, Ortsgebundenheit, lokale Lohnstandards sowie den zu erwartenden Zeitaufwand mit einbezieht.

Hinter dem Code of Conduct steht eine Arbeitsgruppe aus den Unterzeichnern, die den Kodex regelmäßig weiterentwickelt und über die Aufnahme neuer Unterzeichner berät. Auch die Einhaltung der Regeln wird in diesem Kreis thematisiert.

 

Fazit: Orientierungshilfe für Firmen und Crowdworker

Für die Crowdworker bietet das Regelwerk somit eine Orientierungshilfe, wenn sie nach fairen Anbietern suchen. Für die Kunden der Crowdworking-Plattformen stellt der Code of Conduct eine Sicherheit dar, dass sie einen fairen Anbieter beauftragen. Nicht zuletzt sind auch beim Crowdworking Menschen am Werk und müssen als solche gesehen und entsprechend behandelt werden. //

 

von Philipp Benkler